Nils Wiesner: Das Raunen der Runen

Nils Wiesner gelang es, ein Buch über die Merseburger Geschichte zu schreiben, dass die Geschichte über 2000 Jahre hinweg um den Domberg herum spannend erzählt. Wir folgen den jeweiligen Akteuren in deren Originalsprache und in wunderbar eingefühlten Szenen. Ein Buch mit 394 Seiten für den Herbst und Winter. Preis: 24,50 Euro

Projekte-Verlag Cornelius GmbH, Halle, 2007, ISBN 978-3-86634-346-7

„Der Eichelhäher schrie. Und noch einer! Sinthgunt erschrak. Sie trieb die Eichelschweine in das Unterholz, die Sau und ihre sieben Ferkel, und hielt Ausschau nach Sunna.“

So beginnt der Roman von Nils Wiesner.

Sinthgunt und Sunna sind Schwestern und Töchter des Ansvald, Priester des heiligen Hains auf dem späteren Domberg von Merseburg. In diesem Hain kommen die beiden Schwestern um und treiben seitdem ihr Wesen und Unwesen um den Domberg herum.

Sinthgunt und Sunna begleiten die Akteure im Roman und die Leser von Epoche zu Epoche, von Episode zu Episode. Und um die Domburg herum hat sich viel Geschichte ereignet!

Grenzburg zu den Sorben und Burg des Grafen Erwin, dann eine der Lieblingspfalzen der Ottonen, schließlich Bischofssitz. Bischof Thietmar von Merseburg (11. Jh.) ist berühmt für seine Chronik.

Man kriecht mit den Romanfiguren durch Sumpfrohricht, atmet den Straßenstaub und genießt das Pfeffer des bischöflichen Kochs. Wiesner Werk ist so nah an der Authentizität, dass wir Sprachen aus allen Zeitschichten zu hören glauben – und immer wieder Sunna und Sinthgunt, die hier und dort sich einmischen, bis sie 1841 entdeckt werden. Dr. Georg Waitz sammelt gerade Schriften für die Monumenta Germaniae Historica. Waitz sucht und entdeckt plötzlich „heidnische Worte in einem christlichen Codex! Undenkbar! Und nicht nur irgendwelche heidnischen Worte, sondern Götternamen!“ Waitz findet dort auch die Namen von Sunna und Sinthgunt...

Wiesner zeichnet ein akribisch recherchiertes Bild deutscher Geschichte am Beispiel von Merseburg; er erzählt spannend, anspruchsvoll und einfühlsam. „Das Raunen der Runen“ hat seinen wissenschaftlichen Hintergrund, ist aber frei von akademischer Schwere.

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