Pilgerfahrungen einer Jugendlichen

Meine Name ist Julia, ich bin 16 Jahre alt und gehe seit 4 Jahren jedes Jahr auf der VIA ROMEA pilgern.

Wenn ich das Leuten aus meinem Alter erzähle, fragen die meisten, was man dabei eigentlich wirklich macht. Darauf antworte ich meistens, dass wir als Gruppe von Ort zu Ort gehen und in Gemeindehäusern oder Ähnlichem übernachten. Doch es ist eigentlich viel mehr.

Pilgern erfuhr ich als ein Zusammensein in einer Gruppe. Eine Gruppe von Menschen, welche so unterschiedlich sind, welche vielleicht auch im Alltag sich nicht so kennengelernt hätten, welche aus ganz Deutschland oder auch aus anderen Ländern kommen. Es ist ein Rücksichtnehmen auf andere, um eine gute Zeit als Gemeinschaft zu haben. Eine unvergessliche Zeit voller schöner, lustiger und manchmal auch trauriger Momente. Es ist das Ankommen nach einem anstrengendem Tag und dann das spätere gemeinschaftliche Essen. Es ist der erste Tag, an dem man in fremde Gesichter mit einem Lachen schaut und der letzte Tag, an dem man in bekannte Gesichter mit einem Lachen und mit Tränen in den Augen schaut.

Pilgern ist auch das Kennenlernen von neuen Menschen, neuen Orte und einer neuen, nicht alltäglichen Situation. Man läuft durch Deutschland und entdeckt dabei so viel Neues. Man lernt das Land - finde ich - auf eine ganz andere, intensivere Art kennen. Man lernt neue schöne Orte kennen und lernt, was unser Land wirklich ausmacht. So viele tolle freundliche und offene Menschen, welche einen in neuen Orten begrüßen und aufnehmen.

Einmal waren wir gerade unterwegs auf einem Landweg, die Sonne knallte und es war wirklich heiß. Da überholte uns plötzlich ein Auto und blieb dann paar Meter weiter stehen. Eine Frau stieg aus und bot uns kaltes Wasser an. Wir setzten uns in den Schatten und waren dankbar für die Abkühlung. Sie erzählte uns dann, dass ihre Tochter uns gesehen hatte und ihr dies erzählte. Daraufhin war sie dann direkt losgefahren, um uns eine Freude zu machen. Das war eine Situation vor einigen Jahren, die mir wirklich stark in Erinnerung geblieben ist. Es ist auch ein Kennenlernen anderer Typen von Menschen. Ein Lernen fürs Leben mit allen umgehen zu können und so zu akzeptieren, wie sie sind. Man kann wirklich von jedem Individuum etwas lernen und mit jedem interessante Gespräche führen.

Pilgern ist ein Kennenlernen von sich selbst. Man selbst hat mal genug Zeit und Ruhe, über alles in seinem Leben nachzudenken. Zu erkennen, wie gut es einem eigentlich geht aber auch mal eine Woche mit weniger zu leben als sonst. Man lernt, wieder alles intensiver wahrzunehmen und nicht - wie in der Hektik des Alltags - sein Umfeld zu vergessen, auch dass Grenzen, die man dachte zu haben, nur im Kopf sind und man mit der richtigen Einstellung eigentlich alles schaffen kann.

Jedes Jahr aufs Neue entstanden für mich neue, tolle und unvergessliche Erinnerungen. Ich bin wirklich unendlich dankbar, diese Möglichkeit gehabt zu haben/haben zu dürfen. Etwas, was die VIA ROMEA meiner Meinung auch vielen lehrt und wieder ins Gedächtnis ruft, ist, dass man gar nicht immer in andere Länder fahren muss, um so etwas zu erleben. Es ist quasi direkt vor unserer Haustür eine Möglichkeit. Meiner Meinung nach sollten viel mehr Menschen diese Möglichkeit ergreifen und vielleicht auch mal auf eigene Faust vom Alltag Abstand nehmen.

Am Ende finde ich auch, dass es für Jugendliche beim Laufen keinen großen Unterschied, als wenn man erwachsen ist. So tiefgründig es sich anhört, aber am Ende gehen wir alle als Menschen.

Julia D. / 2018

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