Europa - der Name bedeutet "Land im Westen"

Der Gedanke, den nördlichen Mittelmeerländern den Kontinentnamen „Europa“ zu geben und diesen Namen dann nach Norden hin auf die westlichen, atlantischen Regionen der eurasischen Landmasse zu übertragen, führte zur wenigstens drei verschiedenen „Europas“:
- dem „Europa“ des „Europarates, mit aktuell 47 Mitgliedsstaaten von Reykjavik bis Wladiwostok,
- dem Kontinentnamen „Europa“ von der Atlantikküste bis zum Uralgebirge,
- der Staatenvereinigung „Europäische Union“ mit der Währung „Euro“.

Afrika hat es da leichter, seine Grenzen zu bestimmen, da es rundherum fast vollständig von den Wassern des Mittelmeeres, des Atlantiks, des Indischen Ozeans und des Roten Meeres umgeben wird.
„Afrika“ ist eine von den Römern durchgesetzte Kontinentbezeichnung, zuvor hieß der Kontinent (bei den Griechen) „Libyen“ (Herodot). Mit „Afrika“ bezeichneten die Römer ursprünglich das Land der Punier/Phönizier um die Stadt Karthago (ungefähr das heutige Tunesien). Von diesem Küstenstreifen aus dehnte sich die Bezeichnung „Afrika“ auf den ganzen Kontinent aus.

Auch „Europa“ war ursprünglich die Bezeichnung einer Küstenregion: Alles Land dahinter wurde dann zu „Europa“.
Für die Geographen und Historiker der Griechen existierten drei Kontinente: Europa, Asien und Afrika (Lybien). Asien ist der größte Kontinent der Erde und hat die größte zusammenhängende Landmasse. Sein Name bezeichnete zunächst nur Kleinasien bzw. die römische Provinz „Asia“. „Asien“ meinte aber ursprünglich die Ostseite der Ägäis, die Länder zwischen der Ägäis bzw. zwischen dem östlichen Mittelmeer, dem Marmarameer und dem Schwarzen Meer.
Nord- und Südamerika, Australien und Antarktis waren den Menschen am Mittelmeer unbekannt, als die Namen der drei Mittelmeer-Kontinente entstanden.

Die drei Namen „Europa“, „Asien“ und „Lybien/Afrika“ entstanden als Küstenbezeichnungen und entstanden in Beziehung zueinander: die europäische Seite der Ägäis mit Kreta und Zypern, die asiatische Seite der Ägäis mit Rhodos und Lesbos, die lybische Seite des Mittelmeeres mit Ägypten und der Cyrenaika.
Das Wort „Europa“ entstammt der westsemitischen Sprachgruppe, zu der Hebräisch, Kanaanitisch und Phönizisch gehören. Noch heute heißt „ereb“ im Hebräischen „dunkel“ und Ereb/Europa meinte „die Abendseite“, die „Abendländer“, die Länder im Westen.
„Asien“ kommt ebenfalls aus dem Semitischen (assyrisch „assu“ = Sonnenaufgang) und meinte die Morgenseite, den Osten.

Aus Sicht der nördlichen Levante, aus Sicht der kanaanitischen Hafenstadt Ugarit begann Europa mit den Inseln Zypern und Kreta. Der Aufstieg Ugarits begann um 2400 v. Chr. Nach der griechischen Mythologie entführte der griechische Gott Zeus Europa, die Tochter des Königs der levantischen Hafenstadt Tyros, aus Tyros übers Meer nach Kreta, so dass die Beziehung zwischen der Levante und Kreta auch im Mythos verankert wurde. Es gibt weitere Mythen in denen Herrschergestalten der Levante in Griechenland Städte und Herrschaften begründeten: Die Familie der Königstochter Europa gründete der Sage nach Städte wie Thassos auf der gleichnamigen Thrakien nahen Insel und Theben in Boötien.
Dann erfanden die Ugariter um das 14. Jahrhundert vor der Zeitrechnung die Reduzierung der Schriftzeichen auf Buchstabenzeichen: Sie erfanden das Konsonanten-Alphabet, dessen Name bis heute zwei semitische Wörter bewahrt: „Aleph“ = Rind und „Bet“ = Haus. Die Griechen übernahmen das „Alephbet“ und machte ihr eigenes „Alphabet“ daraus, dem sie noch die Zeichen für Vokale hinzufügten.
Auch der kanaanitisch-levantische Name „Europa“ blieb an Kreta und den anderen Inseln sowie nahen Küsten haften; aus der Fremdbezeichnung wurde eine griechische Eigenbezeichnung. In der griechischen Mythologie wurde „Erebos“ zum Gott der Finsternis.

Alle drei Namen entstanden in einem räumlichen Beziehungsgeflecht aus der älteren Bronzezeit mit der Levante, mit Kanaan. In der Bronzezeit war Kanaan (Levante mit Hinterland) ein Drehkreuz des internationalen Handels. Von Europa her war die Hafenstadt Ugarit das Ziel; von Lybien/Ägypten her war Byblos das Ziel. Byblos erhielt schon um 2800 v. Chr. eine Stadtmauer. Byblos war Hauptumschlagplatz für ägyptischen Papyrus der als Beschreibstoff auch bei den Griechen Verwendung fand. Nach Byblos bezeichneten die Griechen die Papyrusrolle βιβλίον biblion, auf das das Wort „Bibel“ zurückgeht.
Die Levante war Drehscheibe des Handels und berühmt für ihre Handelsgüter: Zedernholz aus dem Libanon-Gebirge, Handelsgüter aus Mesopotamien, die wiederum von weit her importiert waren, Handelsgüter aus der Kaukasus-Region und aus Ägypten, Handelsgüter aus dem Westen („Europa“), von denen Zinn zu dem Wertvollsten gehörte. Die ganze Bronzezeit über war die Verfügbarkeit von Zinn Voraussetzung, um aus der Legierung von Kupfer und Zinn Bronze zu gewinnen. Kupfer kam häufiger vor und wurde auch regional nah abgebaut und gewonnen. Die Insel „Zypern“ erhielt sogar ihren Namen nach dem Vorkommen von Kupfer („Cypros“)!

Der mesopotamische König Sargon von Akkad hatte bis 2236 v. Chr. (also 1700 Jahre vor Alexander dem Großen) das erste historisch bekannte Großreich begründet: vom Mittelmeer zum Persischen Golf. Er kontrollierte alle Zinn-Handelsorte in Sumer und den levantinischen Hafenort Ugarit. Zinn hatte in der Bronzezeit die Bedeutung, die Öl im 20. Jahrhundert hatte.

Zinn aber war bald in Mesopotamien so gering verfügbar, dass weit entfernt liegende Zinn-Vorkommen zum Hauptziel des bronzezeitlichen Handelsnetzes wurden. Neben Afghanistan und Chorasan war dies die Atlantikküste „hinter“ der Straße von Gibraltar.
Die Phönizier nannten das Metall Zinn „bratan“ nach seiner Herkunft „Bretannike“ (Pytheas von Massilia überlieferte den Namen des Herkunftsgebietes).

Es waren die „Zinn-Inseln“ unter ihrem griechischen Namen „Kasseriteros“ (vgl. kroatisch „kossitar“ und arabisch „alqasdayr“ für Zinn), die das wichtigste Monopol von Zinnhandel kontrollierten. Das Zinn selbst kam aus Cornwall (Südwestengland) und aus der Bretagne, aber auch in Nordwestspanien wurde Zinn gewonnen.
Der Weg dorthin führte nach Westen, griechisch „hespera“, immer dem Abendstern, griechisch „hesperos“, nach. In der griechischen Mythologie wird der Titan Hesperos mit dem Titan „Atlas“ (Atlas-Gebirge in Marokko) eng verwandt dargestellt. „Weit im Westen wohnten die Hesperiden, Nymphen, deren Vater Atlas war. Die Hoffnung auf Zinn brachte die Seefahrer der Levante und Europas weit nach Westen. Die Griechen fanden ihren Weg nach Westen entlang der Nordküste des Mittelmeers, wo sie Handelsstützpunkte gründeten: Tarent, Neapel, Marseille, Agde, Emperion. Emperion lag bereit südlich der Pyrenäen und zog den Handel der iberischen Halbinsel auf sich. Die Römer nannten dieses Land „Hispania“, ein Name, der sich vom griechischen Hespera/Hesperon hergeleitet haben könnte, denn die Römer übernahmen die griechischen Bastionen ihres Handelsnetzes im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr.

Der „Westen“ war über alle Jahrtausende immer positiv assoziiert: mit Prosperität durch Wagemut, mit der Gewinnung höchstwertvoller Handelsware, mit Aussicht auf Wohlstand, seit im 3. Jahrtausend vor der Zeitwende, also vor über 4000 Jahren Schiffe den Hafen von Ugarit verließen, um weit nach Westen zu den sagenhaften Zinninseln zu fahren und mit ungeheurem Reichtum zurückzukehren. Dieser Erwartung verdankt Europa seinen Namen.

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